Rund ums Bier
Geschichte der Störtebeker Braumanufaktur
Stralsund: Die Stadt ganz im Nordosten Deutschlands steht für Ostseeküste, Bismarckhering – und Bier. Schon seit mehr als 800 Jahren wird hier aus Malz, Hopfen, Wasser und Hefe Bier gebraut, und das seit jeher mit großem Erfolg. Stralsund war bereits zur Hansezeit weit über die Stadtgrenzen hinaus für sein wohlschmeckendes Bier bekannt. Die Nachfrage stieg stetig an und brachte der Hansestadt eine zentrale Rolle im Bierexport nach Dänemark, Norwegen und sogar England ein. Dies bescherte dem Ort zunehmenden Wohlstand.
Stralsund: eine der bedeutendsten Hansestädte Norddeutschlands.
Im 13. Jahrhundert gab es in Stralsund über 220 Braugerechtigkeiten, was bedeutete, dass viele Häuser und Orte die Erlaubnis hatten, Bier zu brauen oder brauen zu lassen. Und das war notwendig: Bier galt in dieser Zeit als Grundnahrungsmittel für Männer, Frauen und sogar Kinder, da es nahrhaft, kalorienreich und durch den Herstellungsprozess auch „sauber“ war. Damit hatte es deutliche Vorzüge gegenüber dem damaligen Trinkwasser, das oft ungenießbar oder sogar infektiös war. Das Bier wurde in mehreren Braudurchgängen hergestellt: Bier des ersten Durchgangs – das stärkste Bier – wurde für den Export genutzt. Bier des zweiten Durchgangs war für den Alltagsgebrauch. Das Bier des dritten Durchgangs war schlussendlich sehr dünn und fand Verwendung in Biersuppen oder als Frühstück mit einer Scheibe Brot.
Vom Grut- zum Hopfenbier.
Zum Erfolg des Bieres in Norddeutschland trug auch eine bis dato eher unbekannte Zutat bei: der Hopfen. Während im Süden Deutschlands bis Mitte des 13. Jahrhunderts vorwiegend "Grutbier" gebraut wurde, bei dem zum Teil giftige oder halluzinogene Kräuter zum Würzen des Bieres eingesetzt wurden, hatte in Norddeutschland das Hopfenbier slawische Tradition. Hopfen verlieh dem Bier nicht nur sein typisches bitteres Aroma, sondern hatte auch eine bakterienhemmende Wirkung aufgrund des enthaltenden Lupulins, die das Bier haltbarer und transportfähiger machte. Diese stark gehopften Biere wurden zu Exportschlagern der Hanse.
Beim Blick in die Gegenwart wird deutlich, dass die Störtebeker Braumanufaktur weiterhin an dieser Tradition festhält und mit dem 2012 entwickelten Atlantik-Ale eines der ersten stark gehopften Ales in Deutschland auf den Markt gebracht hat.
Historische Bierstile und Stralsunder Erfolgsschlager.
Im Laufe der Zeit entstanden immer mehr Bierstile und verschiedene Rezepturen. Grund dafür war die enorme Konkurrenz im Hanseraum. Nur wer immer neue Sorten entwickelte, behielt die Oberhand und wurde „Exportschlager“. Ein besonders beliebter Stil der Hansezeit war das Rotbier, das seine Farbe und den Karamellgeschmack durch dunkle Malze erhielt. Das Braunbier kam etwas später in Mode und wurde mit gerösteten Malzen gebraut, die dem Bier eine dunkle Farbe und schokoladige Aromen verliehen. Die Stralsunder Brauer knüpften im Laufe der Zeit immer wieder an diese traditionsreichen Rezepturen an. In der DDR-Zeit war das Doppelkaramellmalz berühmt und heute erinnert das Störtebeker Hanse-Porter an den Geschmack der alten Bierstile.
Im 19. Jahrhundert brachte die untergärige Brauweise eine Revolution in der Bierherstellung mit sich. Dank technischer Fortschritte, darunter die Linde Kühlmaschine, konnten nun auch untergärige Biere wie Pils, Lager und Export gebraut werden. Schnell entwickelten sich diese Biere ebenfalls zu beliebten Klassikern aus Stralsund. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, wurde 1899 das mehrstöckige Brauereigebäude an der Greifswalder Chaussee errichtet, das heute noch das Stadtbild prägt.
Neuanfang nach der Wende.
Doch bedingt durch die beiden Weltkriege verschlechterten sich die gesamtwirtschaftliche Situation und damit auch die traditionsreiche Bierproduktion in der Hansestadt. Die Demontage der Anlagen zur Reparation und das spätere Brauen unter den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft hatten eine enorme Verschlechterung der Bierqualität zur Folge.
Erst nach der Wende und der Rettung der Brauerei durch die Familie Nordmann schlug das Unternehmen den Weg in Richtung Manufaktur ein. Handwerklich gebraute Bierspezialitäten in großer Sortenvielfalt, mit besten Rohstoffen und echtem Charakter stehen seither im Mittelpunkt der Stralsunder Brauer.
1995 wurde das Braugasthaus „Zum alten Fritz“ eröffnet – und da es vom Bier lebte, entstand zugleich ein neues, kleines Sudhaus. Diese Produktionsanlage machte es möglich, wirtschaftlich sinnvoll zu arbeiten und nach Jahren endlich wieder qualitativ hochwertiges Bier zu brauen. Mussten die Brauer zu DDR-Zeiten mit den vorhandenen Rohstoffen vorliebnehmen, konnten sie nun frei entscheiden, woher sie ihre Zutaten bezogen. Die Veränderungen in Geschmack und Qualität führten schnell dazu, dass Stralsunder (Fass-)Bier wieder in der gehobenen Gastronomie ausgeschenkt wurde. Innovationen und moderne Technik, Dinge, auf die man zu DDR-Zeiten verzichten musste, ermöglichten einen großen Aufschwung.
2011 wurde aus der Stralsunder Brauerei die Störtebeker Braumanufaktur.
Seitdem wächst die Brauerei gegen den allgemeinen Biertrend der letzten Jahre. Der Absatz ihrer Brauspezialitäten hat sich seit 2012 fast verdreifacht, und die Vielfalt der verschiedenen Sorten ist stetig gewachsen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Einführung alkoholfreier Brauspezialitäten sowie innovativer Eigenkreationen wie dem Atlantik-Ale oder dem Hanse-Porter, die heute einen wesentlichen Teil des Sortiments ausmachen. Parallel dazu wurden seit der Wende bis heute die Produktionsanlagen – Sudhaus, Gärkeller, Abfüll- und Logistikhallen – kontinuierlich erweitert, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden.
Auch Bierexperten und Sommeliers schätzen die Störtebeker Brauspezialitäten: Bei renommierten nationalen und internationalen Wettbewerben wie dem World Beer Cup, dem European Beer Star oder den World Beer Awards werden sie regelmäßig ausgezeichnet.
Darüber hinaus wurde eine lebendige Bierkultur-Community aufgebaut: Seit 2016 richtet die Störtebeker Braumanufaktur die Deutsche Meisterschaft der Hobbybrauer in Stralsund aus. Hier treffen sich Hobbybrauer aus ganz Deutschland, stellen ihre Biere vor und haben die Chance, Preise zu gewinnen. 2020 entstand außerdem die erfolgreiche Online-Verkostungsreihe „Störtebeker LIVE Abenteuerreise“, bei der Bierliebhaber digital zusammenkommen, um gemeinsam zu probieren und zu genießen.
Internationale Kooperationen – unter anderem mit amerikanischen Brauereien – bringen zudem immer wieder neue Impulse und spannende Spezialitäten hervor.